Privatärztlche Praxis Dr. med. Thomas Mayr
Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Palliativmedizin, Psychoonkologie
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aus: Der kleine Prinz
(Antoine de Staint-Exupéry)
"Was machst du da?" fragt er den Säufer, den er
stumm vor einer Reihe leerer und einer Reihe
voller Flaschen sitzend antraf.
"Ich trinke", antwortete der Säufer mit düsterer
Miene.
"Warum trinkst du?" fragte ihn der kleine Prinz.
"Um zu vergessen", antwortete der Säufer.
"Um was zu vergessen? erkundigte sich der
kleine Prinz, der ihn schon bedauerte.
"Um zu vergessen, daß ich mich schäme",
gestand der Säufer und senkte den Kopf.
"Weshalb schämst du dich? fragte der kleine
Prinz, der den Wunsch hatte, ihm zu helfen.
"Weil ich saufe!" endete der Säufer und verschloß
sich endgültig in sein Schweigen.
Im Zwielicht (Ingeborg Bachmann)
Wieder legen wir beide die Hände ins Feuer,
du für den Wein der lange gelagerten Nacht,
Ich für den Morgenquell, der die Kelter nicht kennt.
Es harrt der Blasebalg des Meisters, dem wir vertrauen.
Wie die Sorge ihn wärmt, tritt der Bläser hinzu.
Er geht, eh es tagt, er kommt, eh du rufst, er ist alt
wie das Zwielicht auf unseren schütteren Brauen.
Wieder kocht er das Blei im Kessel der Tränen,
dir für ein Glas - es gilt, das Versäumte zu feiern -
mir für den Scherben voll Rauch - der wird überm Feuer geleert.
So stoß ich zu dir und bringe die Schatten zum Klingen.
Erkannt ist, wer jetzt zögert,
erkannt, wer den Spruch vergaß.
Du kannst und willst ihn nicht wissen,
du trinkst vom Rand, wo es kühl ist
und wie vorzeiten, du trinkst und bleibst nüchtern,
dir wachsen noch Brauen, dir sieht man noch zu!
Ich aber bin schon des Augenblicks
gewärtig in Liebe, mir fällt der Scherben
Ins Feuer, mir wird er zum Blei,
das er war. Und hinter der Kugel
steh ich, einäugig, zielsicher, schmal,
und schick sie dem Morgen entgegen.
Alkoholverbot
(Mascha Kaléko)
So allein
ist keiner
wie einer,
der ganz allein ist.
Wenn einer
beim Wein ist,
ist er schon
zu zwein.
Einem Freunde, der sich dem Trunk ergab
(Mascha Kaléko)
Armer Teufel, wie ich dich beneide!
Wenn ich auch zuweilen um dich leide,
Seit du unsre braven Tugendpfade
Und die ganze Lügenmaskerade
Nicht mehr kennst.
Was kann dich noch verletzen?
Lebst du doch nach eigenen Gesetzen.
Wer wie du am Leben so gelitten,
Dass jene Grenze überschritten,
Kann den Schein nur noch im Wein ertragen.
- Weil der Spuk im Glase dir zerstiebt.
Ob die Flasche dir auch Antwort gibt
Auf die wesentlichste aller Fragen?
Mit dem Spießer würde ich nicht tauschen,
Der dem Trinker sich erhaben dünkt,
Weil er nur des Samstags sich betrinkt!
Doch im Rausch zur Welt hinauszurauschen,
So wie du, und in das Nichts versinken,
Möcht ich wohl. Kommt einmal meine Zeit,
Ganz wie du will ich dann furchtlos trinken
Brüderschaft mit der Unendlichkeit.